Donnerstag, 24. Juli 2008

Gehirne am Strand (4) und die Theaterkritik

Ich hatte Ihnen ja versprochen,
Theaterdirektor Buurmann,
auf unsere Dissens hinsichtlich Ihres Strandhirns und der damit verbundenen Eigen-Realisierung Ihres Strandstücks im Sand des Severins-Burg-Theaters zurückzukommen ...

... auf Ihre Widerrede vor allem gegen meine hier veröffentlichte Kritik an Ihrem Erstling: auf diese Ihre Suada eines Beleidigten wollte ich noch einmal eingehen, auf diesen cholerischen Rundumschlag bis zur Besinnungslosigkeit (zu der Ihren, Herr Theaterdirektor!), auf diesen Tsunami Ihrer affektgeladensten Aggressionen, womit Sie mich mundtot zu machen, mir eine Apnoe zu bereiten hofften oder mich zumindest doch mitreißen wollten zu Ihren (Ihrer einsamen Meinung nach) einzig richtigeren Einsichten, zu Ihren (welch Hybris!) Wahrheiten ...

Ach, Theaterdirektor Buurmann!, beschimpft haben Sie mich wirkungsvoller, als dass Sie mich irgend überzeugt hätten. Sie aber wollen ja nichts hören, nichts von dem besseren, von meinem Wissen also, nichts (ein)sehen wollten Sie, aber sprudelnd mich mit einem elaborierten Wortschwall mitreißen wollen, posaunend und tönend und klotzend – immer aber, da ich Ihnen mit der Darstellung dieses Sandstrand-Terroristen in Ihrem Stück eine nazistische Gesinnung unterstellte, mit Schmackes und Blut sehend, wutschnaubend am eigentlichen Thema vorbei. Nennen Sie mich also ruhig einen Alt-Linken: weiß ich doch, dass mein Vorwurf an Sie, Neu-Nazi zu sein, dieser Replik Pate stand; nennen Sie mich nur einen Kleinbürger und einen notorischen, paranoiden Besserwisser: hinsichtlich all der Querulanten, deren Schuhgröße von ihrem IQ kaum abweicht, muss man Besserwisser sein – kein Kleinbürger, nein; aber Sie meinten sicherlich auch „Klugscheißer“ und hatten sich mit den Begriffen wieder einmal geirrt ….

Aber, Herr Theaterdirektor, ich will nun ruhig sein, will mich zügeln, Sie nicht mehr fragen, ob sie Choleriker sind oder ein ADS-Kind gewesen, nein, ich will tun, was ich hätte schon längst tun sollen, bevor die apoplektische Röte in Ihrem Gesicht noch ins Bleiche umschlägt und Ihre empört wedelnden Arme von der Totenstarre durch Schlagfuß gelähmt werden – ach, Theaterdirektor Buurmann: ich dachte Ihnen keine grauen Haare zu machen, sah ich Sie doch immer haarlos und wusste ein Nichts nicht in der Lage, grau zu werden. Aber Ihre Seele, denn die haben Sie doch noch, Ihre Seele, nicht wahr, das muss ich, Theaterdirektor Buurmann, jetzt begreifen, die ist derweil so matt wie Luises Limonade – und so will ich mich bei Ihnen, Herr Theaterdirektor, ein bisschen nun entschuldigen ....

Als ich am folgenden Tag, nachdem ich mich am Abend zuvor nach dem Besuch Ihres Hirnstücks aus tiefstinnerster Not genötigt sah, Ihnen zu schreiben, als ich also Stunden nach der Niederschrift und ausgeschlafen meinen Text noch einmal durchsah (was mir zu einer lieben Gewohnheit geworden ist, da ich meine eigene Argumentation immer noch einmal überprüfe, da mir jeder ex-cathedra-Argumentation beim kritischen Formulieren fern liegt), als ich also meine Vorwürfe an Sie zu überprüfen gedachte, da lag mir jede Revision meiner inhaltlichen Bedenken fern, wohl aber glaubte ich mich glücklicher, hätte ich eine etwas gemäßigtere Form gewählt, vor allem hinsichtlich des Vorwurfs einer in Ihnen gefährlich rumorenden faschistoider Gesinnung. Deswegen vor allem sind Sie in Ihrem Antwortschreiben ja auch in heftigste Konvulsionen geraten, was Ihnen den Verstand wohl trübte. Das aber ist nun hinsichtlich meiner aufklärerischen Absicht kontraproduktiv – das Ohr, dem man Wissen einflüstern will, soll man zuvor durch Schläge nicht betäuben.

Diese Schwäche also gestehe ich gehabt zu haben; aber mehr und schlimmer noch: ich unterlag, wer weiß warum?, auch der Schwäche oder besser den Dummheiten der leidlich oft vorkommenden Kritiker, die jenseits ihrer inhaltlichen Vorbehalte vornehmlich mit einem Vernichtungsfeldzug der Worte zu glänzen suchen, sich selber eitel in ein noch helleres Licht stellen wollend, als es auf der Theaterbühne, dessen Geschehen hilfreich zu kritisieren ihr Anliegen gewesen wäre, je hätte sein können. Zurecht haben Sie darum, Theaterdirektor Buurmann, mit goethescher Wut reagiert, mich implizit einen Hund genannt und mich totschlagen wollen. Warum? Mit ablehnenden, vernichtenden Worten als ein eloquenter Meister der Sprache glänzen und dem Objekt der Kritik ohne jede konstruktive Gesinnung oder Empathie nicht hilfreich unter die wenn auch feuchten Achselhöhlen greifen, die sandverklebten Augen nicht öffnen und nur aus egoistischen Motiven den Applaus auf sich selber umleiten wollen: das ist vieler Kritiker eigentliches Metier geworden und verachtenswert – ich muss mich schämen, in diesem Sinne verleitet worden zu sein und vornehmlich im Rhetorischen mein Meisterstück über Sie gemacht zu haben. Das mögen sie, Theaterdirektor Buurmann, nun entschuldigen.

Die Kritik soll den Theaterdirektor ja nicht erschrecken, sie ist keine Waffe, sie ist ein Pflaster nur, das der Wissende auf eine Wunde zu legen hat, dass besseres Wissen in dem Versuch der Vermittlung die unschöne, räudige Stelle inszenatorischer Fehlleistung überdecke. Hier habe ich gewiss nun gefehlt und mich mit denen gemein gemacht, die ihren Beruf, den des Kritikers, als ein Herr Mindernickel angetreten sind, zu treten, wo sie selber zu oft getreten worden sind, sich in den Gefilden zu überheben, wo sie nie hätten bestehen können. In der Einsicht, als Künstler keine Kapazität zu sein, lieh man sich die Kapazität des Kritikers, um darüber hinwegzutäuschen: das Publikum mit bestechendem Wortschwall und sich selber durch den Ruch der Härte und Schärfe, den betroffenen Künstler durch ebendiese Anmaßungen und oft umso unbarmherziger, je mehr der die geheimen Desiderate des Kritikers vor dessen innerem Auge der arrogant-überheblichen Camouflage zu entziehen sich versehentlich unterstand.

Nein, Theaterdirektor Buurmann, mit diesen Kritikastern, die dem goetheschen Verdikt, als Hunde totgeschlagen zu werden, zurecht anheimfallen, will ich mich nicht gemein machen. Haben Sie es auch gehört? Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass der Kritiker im Idealfall unter einem Aufmerksamkeitsdefizit gelitten hat und im Sinne eines ADHS-Syndroms immer schon hyperaktiv gewesen ist, dass er in der Peergroup vom Kindesbeinen an ein Außenseiter war, oft bis ins zehnte Jahr Bettnässer und als Säugling schon unter einer Phimose leidend, die erste Erektionen unerträglich gemacht und, aus Scham unentdeckt geblieben, adoleszenten Geschlechtsverkehr verhindert hat, dass eine ejaculatio praecox sich als ein erniedrigendes und jedes Selbstbewusstsein nehmendes Unglück der virilen Libido in den Weg gestellt und den Unglücklichen oft genug zu einer substituten Homosexualität getrieben hat, in der er auch noch der tuntige Teil im Sinne einer obsoleten, der Frau lang Zeit zugemuteten Ergebenheit eines zu penetrierenden Objekts zu sein hatte. Was Wunder also, wenn dieser sozial und sexuell Gescheiterte aus dieser Not heraus jenseits seiner körperlichen Schwäche zum intellektuellen Penetrator für jeden Theaterdirektor wurde. Aber ich will das für Sie, Theaterdirektor Buurmann, nicht sein – ich sag es mal jungdeutsch: Ich will Sie (pardon) nicht ficken, ich will Ihnen lediglich zur Befriedigung Ihrer besten Bedürfnisse die helfende Hand reichen!

Doch ich muss mich dennoch hier und jetzt gegen einen von Ihnen zu erwartenden Angriff wehren, denn Sie, Theaterdirektor Buurmann, werden die Gelegenheit nicht auslassen, die aufgezeigten Charakteristika der Kritiker auf mich anzuwenden, um zu beweisen, dass ich nur darum so schrieb, wie ich mich anklage, geschrieben zu haben, und dass meine Entschuldigung nur eine Farce sei, um von meinen von mir selbst benannten Schwächen abzulenken. Da muss ich Ihnen zuvorkommen und Ihre Angriffe gegen meine kritische Vernunft und Integrität entkräften! Und also muss ich Sie notgedrungen an einen Abend erinnern, da ich Ihnen, nach einigen Gläsern Absinth, ohne mich irgend rechtfertigen zu müssen, erzählt habe, erste sexuelle Praktiken im Alter von zarten 13 Jahren von einer Au-pair-Maid aus Schweden erlernt zu haben und es zu vieler und nicht nur der aus dem Au-pair-Bereich Rekrutierten Zufriedenheit weiterhin als Lieblingsschüler wie aber auch als Fachlehrer ausübte. Sie erinnern sich? – Ich erinnere, dass Sie damals entgegen jeder in Ihnen steckenden Gewohnheit stumm blieben, an Ihre neidvolle Stummheit erinnere ich mich, will aber diesen Neid nicht noch einmal hervorrufen, als Ihnen auf diese Art und Weise nur beweisen, dass ich von Geburt kein Kritiker aus oben genannten Nöten bin .

Theaterdirektor Buurmann, trotz alledem, gebe ich hier zu , ist es mir eine Freude, mich mit Ihnen zu messen, die Feder mit Ihnen zu kreuzen wie Hamlet, der auch Dolche zu reden gedachte – und sollte es sich wiederholen, dass ich zu derbe auf Sie einschlage, dann halten Sie es meiner Oma zu Gute, die mir immer versichert hat, dass auf einen groben Klotz ein grober Keil gehöre.

In diesem Sinne verbleibe ich
Ihr

Kriminalautor und Ihnen zugeneigter Freund Schmiester

PS: Was, Theaterdirektor Buurmann, halten Sie eigentlich von dem Kölner Licht namens Jüdisches Museum auf dem Rathausplatz? Ein Schildbürgerstreich oder höhere Diplomatie in Demokratie (da Kreti und Pleti nun abstimmen dürfen, Schmidt und Pocher)?